Poetin    Maria    Schiffner

Zeitkritisches

 

 

 

 

 

 

 


Winterliches aus den Sudeten


Voll ist der Keller, voller noch die Scheuer,
Im Hofe steht das Brennholz Hauf an Hauf
Sogar die Kohle war nicht allzu teuer.
Sie türmt im Schuppen sich zu Berge auf;

Die Äpfel, Birnen sind ins Stroh geschichtet,
Geraten wie noch nie ist auch der Mohn,
Gemüse hat im Sand sein Beet gerichtet,
Gegraben sind die Gartenbeete schon.

Die Kinder blinzeln morgens durch die Scheiben,
Es hat noch immer, immer nicht geschneit …
Wo mag der Winter sein, wo mag er bleiben?
Und eines Tages ist es dann soweit.

Da tanzen vor dem Fenster weisse Flocken,
Ein weiches Kissen liegt auf Beet und Strauch,
Vom Weg herüber klingen Schlittenglocken;
Aus Kaminen steigt der weisse Rauch.

Jetzt gilt’s das Futterhäuschen aufzustellen
Für unsres Gartens grosses Vogelheer
Und gut sichern vor des Katers Klauen,
Der dort vielleicht auch gern zu Gaste wär.

Dem alten Waldmann macht ein warmes Bette
Im Ofenwinkel hinterm Eichenschrein,
Es gibt kein Plätzchen, das er lieber hätte,
Dort rollt er sich zu sanftem Schlummer ein.

Der Schulweg wird zu wahren Festvergnügen,
Da tobt man wilde Schneeballschlachten aus
Und manchmal kommt man auch in Schnee zu liegen,
Doch macht solch kleiner Unfall gar nichts aus.

Heraus den Rodel und die alten Schlitten,
Gewachste Bretter stehen lang bereit;
Hinab den Berg gesaust, vom Hang geglitten,
Solang nicht einer Sand und Asche streut.

Und kommen dann die Mädel und die Buben
Mit roten Backen pudelnass nach Haus,
Empfängt sie feiner Duft in allen Stuben;
Gebratne Äpfel laden ein zum Schmaus.

So fliegt die Zeit, es tummeln sich die Wochen
Und mählich kommt St. Nikolaus heran;
Weh dem, der wirklich einmal was verbrochen.
Dem kommt um diese Zeit das Gruseln an.

Denn nicht wie anderswo, im Prunkgewande,
Erscheint bei uns der gute heilge Mann,
Mit Stiefeln ist und Schafspelz dortzulande
Der Alte etwas grimmig angetan.

Den Sack am Rücken, in der Hand die Rute,
Die Bubenhosen und auch Röcklein klopft.
Da ist den Kindern manchmal bang zumute,
So dass es salzig aus den Äuglein tropft.

„Rumpeldi, pumpeleldi Fladrwiesen,
Krichn die Kindr undrn Tiesch,
Wenn se ne batn und singn
Word de Rutte undrn Tische rimspringn.“

Mit leisen Stimmlein wird dann wohl gesungen
Und die Herzen werden warm und weit,
Als klänge es von hellen Engelszungen,
Vom lieben Christkind und der Weihnachtszeit.

Denn sieh, es ist nicht allzu arg gekommen,
Sogar den schlimmen Hansi liess er da
Und hat ihn nicht  im Sacke mitgenommen,
Wie schrecklich bösen Buben sonst geschah.

Die Mutter ist, wie auch in andren Jahren,
Obwohl die Strasse fürchterlich vereist,
Kurz vor Weihnachten in die Stadt gefahren,
Kam spät am Abend wieder heimgereist.

Und hatte auch die Liesel mitgenommen.
Den kleinen Karl und Hansel aber nicht,
So übel diese beiden das genommen,
Denn Kinder leisten niemals gern Verzicht.

Und Schachteln trugen Mutter und das Mädchen,
Die gingen gar nicht richtig durch die Tür;
Goldflitter glitzerten und Silberfädchen
Durch einen Riss im nassen Packpapier.

Auf Kleid und Haaren lagen weisse Flocken,
Die Mutter trug die Sachen alle fort,
Im letzten Ballen klangs wie leise Glocken.
Die Mutter sagte nicht ein einzig Wort.

Nur Karl und Hansel waren sehr gerissen,
Als alle schliefen, schlichen sie durchs Haus,
Ein wenig war das Packpapier zerschliessen,
Da schaute doch ein Hampelmann heraus!!

Oh weh! Da ist die Türe zugeschlagen,
Die beiden Kinder fasste kalter Schreck,
Dann hatte Vater sie am Hemdenkragen,
Schloss die Tür und nahm den Schlüssel weg.

Wie kam der Hampelmann in jene Kammer???
Den hatte doch die Mutter mitgebracht!?!
Was hiess das nur? Es war ein rechter Jammer
Wie Karl und Hans darüber nachgedacht.

Auch roch es oft so sonderbar im Hause
Nach Pfeffernüssen und nach Mandelstern;
Ach war sie schrecklich diese lange Pause,
So endlos blieb das liebe Christkind fern.

Die Näschen ragten witternd in die Lüfte,
Es fragten sich die roten Mäulchen wund
Ob all der seltnen und so süssen Düfte;
Die kleinen Äuglein blitzten blank und rund.

Dann ist es Zeit, hell klingen hundert Glöckchen,
Es springen weit die Stubentüren auf,
Die Kinder stecken schon im Sonntagsröckchen
Und jedem stockt die Rede und der Lauf.

Das Christkind kam auf einem goldnen Schlitten,
Dem sind zwei braune Rehlein vorgespannt,
Knecht Ruprecht aber ist vorangeschritten,
Geleitet’s treu mit seiner starken Hand.

Da steht der Christbaum mit den goldnen Lichtern
Mit wunderbaren Dingen angetan,
Da staunen sie mit strahlenden Gesichtern
Und sieh! Da liegt ja auch ein Hampelmann!!!

Inmitten in dem riesengrossen Staunen,
Verzaubert scheint die ganze kleine Welt;
Da hört man doch den kleinen Hansel raunen:
Da ist er wirklich, wie ich ihn bestellt.

Nur, wie ist der jetzt untern Baum gekommen??
Nun sagt? Er war doch damals im Papier??
Den hat das Christkind sicher mitgenommen!!
Gehört er jetzt nun aber wirklich mir??


Jetzt klingen   wieder auf die alten Lieder,
Die „Stille Nacht“, das Lied vom Tannenbaum,
Das liebe alte „Alle Jahre wieder“
Und Weihnachtszauber füllt den ganzen Raum.

Dann wird er grosse Karpfen aufgetragen,
Den Kindern dauert alles viel zu lang,
Nur darf heut keiner laut zu murren wagen,
Das Christkind steht vielleicht noch hinterm Hang.

Die Eltern gehn um Mitternacht zur Mette,
Tief eingemummt, es ist so schrecklich kalt;
Der Hampelmann liegt mit in Hansels Bette,
Er hält ihn fest mit zärtlicher Gewalt.

Am andern Tag erscheinen kleine Gäste,
Begucken Gaben sich und Weihnachtsbaum,
Beschnuppern und bezupfen sacht die Äste,
Ihr froher Trubel füllt den ganzen Raum.

Zu Neujahr heisst es dann zu gratulieren,
Das fällt so manchem kleinen Jungen schwer,
Indes sich Mädels meist nicht lange zieren,
Flott sagen sie ihr nettes Sprüchlein her.

Zu Fasching gibt es ganze Berge Krapfen,
Die Kinder treiben manchen Mummenschanz
Und müssen sie durch nassen Schneematsch stapfen;
Die Eltern aber gehen zum Maskentanz.

Auf einmal zwitschern dann im Baum die Meisen:
Pietscheff und wohl auch Sissebier,
Nun kommt der Winter bald in alte Eisen
Denn rasch ist jetzt der liebe Frühling hier.

Schneeglöckchen an der Gartenhecke,
Die ersten Weidenkätzchen lugen schon hervor,
Braunrote Knospen trägt die alte Hecke
Und plötzlich steht der Frühling unterm Tor.


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