Poetin    Maria    Schiffner

Zeitkritisches





     
       Im Novembernebel



   Sinke, sanfter Mantel, zu und hüll mich ein,
   Dass das Herz erfährt, es ist allein.
   Jetzt verstreicht das Jahr und geht zu Ende;
   Chrysanthemen streuten meine Hände
   Im Gedenken über manches Grab,
   Letzte Blüten, die der Sommer gab.

   Dunkel folgt dem Tritt verwehter Schall,
   Eigner Schritte dumpfer Widerhall;
   Hie und da in diesem müden Schreiten
   Schemenhafte Schatten, die vorübergleiten;
   Irgendwo im Grauen rollt ein Stein,
   Aber sonst - als Mensch - bist du allein.

   Trauerst du um deine bunte Welt,
   Die sich sonst so nahe dir gesellt
   In des Frühlings Blühn, des Herbstes Reifen?
   Fasse Dich und trachte zu begreifen:
   Manches fragt die Stunde gnadenlos
   Ob dein Wandel kläglich oder gross.

   Sinke, sanfter Mantel, zu und hüll mich ein,
   Dass das Herz begreift, es ist allein
   Auf dem Wege zu den letzten Dingen;
   Kennt die Seele noch das eigne Klingen,
   Das der laute Taglärm meist verschlingt,
   Bis es solche Stunde wiederbringt?

   


                                                                                   
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