Poetin    Maria    Schiffner

Zeitkritisches




 
Die geheimnisvolle Kräuterfrau

Hie und da begegnete der Förster nun einem Wurzelmännchen. Dann hielt er einen Plausch mit ihm.

Einmal fragte er: "Sag mal, Wurzelmännchen, wer kann denn ausser mir die Sprache der Tiere verstehen?" "Hier herum wohl nur noch die Kräuterfrau, aber die ist ja kein Mensch. Zu ihr gehen alle Tiere, denen etwas fehlt. Wir brauen für sie
allerlei Säfte und Tränklein, sie kennt alle Pflanzen. Sie muss die Sprache der Tiere ja verstehen, wenn sie helfen will."

"Würde sie mir denn auch helfen?" "Du hast ja die Doktoren, aber wenn du sie wirklich einmal brauchtest, würde sie dir sicher helfen, denn sie kennt dich gut, sie weiss, dass du auch jedem hilfst. Aber niemand weiss, wo sie eigentlich wohnt, bei uns holt sie bloss ihre Tränklein. Immer ist sie dort, wo sie gebraucht wird. Wahrscheinlich ist sie eigentlich eine Fee."

Kurze Zeit darauf hörte er in der Fichtenschonung, wo kein Mensch durch die halbwüchsigen Bäumchen kriechen könnte, leise Klagelaute und dann eine Stimme, die vermutlich von einem Reh stammte: "Sei doch still, jammre nicht so, sonst hört dich jemand." "Es tut aber so weh, ich kann nicht auftreten", jammerte eine andere Stimme. "Da wird schon die Kräuterfrau kommen und gleich ist's wieder gut."

"Am besten warte ich hier", dachte der Förster, "vielleicht lerne ich die Kräuterfrau kennen." Das Rehkind wurde plötzlich still und eine neue Stimme kam aus dem Dickicht:

"Haule, haule, Sausewind,
sei gesund du liebes Kind."


Es raschelte ein bisschen, dann war es wieder ganz still. Lange wartete der Förster noch, aber die Kräuterfrau sah er nicht.

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