Poetin    Maria    Schiffner

Zeitkritisches

 


 

 


 

Karneval der Tiere

Als der Förster Rothard eines Morgens zum Fenster hinausschaute, sah er zuerst einige vermummte Gestalten. O jeh, dachte er, Karneval, das hätte ich fast vergessen. Diesmal macht mir's auch keine rechten Spass, da gehe ich lieber in den Wald.

Bald darauf machte er sich auf den Weg. Es gab zwar nur wenig Schnee, aber er wollte sicherheitshalber doch einmal alle Futterstellen nachsehen. Die Meisen fingen überall zu zwitschern an und an den Futterplätzen klopften die Kleiber Sonnenblumenkerne auf.

Weit hinten im Walde sah er einen Hirsch springen, aber wie sah der denn aus? Was hatte er denn auf dem Geweih? Lauter grüne und rote Schleifen und jetzt blieb er stehen und schaute her, dann rief er gar: "Förster Rothard, weisst du denn nicht, dass Karneval ist? Wir Tiere wollen feiern."

"Das ist doch verrückt, nun fangen sogar die Tiere damit an."

Da kam ein Fuchs daher, der trug ein Hütchen und eine Sonnenbrille und als noch ein blau angemaltes Wildschwein um die Ecke bog, ging ihm der Förster nach, um zu sehen, wohin die Tiere alle liefen. Unter einem grossen Felsen war schon eine ganze Gesellschaft versammelt und ein Wilddschwein schien eine Rede zu halten. Da sahen sie ihn und brachen in grossen Jubel aus. "Der Förster!"


"Aber nicht verkleidet, das geht nicht. Erst verkleiden, wenn du mit uns feiern willst." Es half nichts, er musste den weiten Weg zurückgehen, denn er wollte doch gar gern sehen, wie die Tiere Karneval feiern würden.

Zu Hause bat er dann seine alte Dame um etliche Frauenkleider und einen breiten Sommerhut, wagte aber nicht, so angekleidet durch den Ort zu gehen, wo ihn jeder kannte. So nahm er sein Auto und fuhr bis in die Nähe des Felsens. Dort hatten sich inzwischen noch mehr Tiere eingefunden, die alle irgendetwas Komisches an sich hatten. Ein Hase trug eine Kaffeekanne als Mütze auf dem Kpfe, eine Füchsin hatte ein rotes Kinderjäckchen an, wirklich eine bunte Gesellschaft.

Alle drängten sich um ein Fass, in dem offensichtlich etwas Gutes war. Als sie den Förster ent-deckten, brach ein grosser Tumult aus, sie erkannten ihn trotz der Verkleidung sofort und be-wunderten ihn sehr. Sie boten ihm einen Holzbecher, gefüllt mit einem grünen Trank an, der nach Kräutern und Honig schmeckte. Vermutlich hatte da die Kräuterfrau etwas besonderes ge-braut. Er bemerkte auch, dass die Tiere so eigentümlich fröhlich waren, vielleicht hatten sie alle einen Schwips. Nun fingen sie gar an irgendwelche Musik zu machen und etliche tanzten, - freilich auf ihre Weise. Er hatte viel Mühe, nicht laut zu lachen, zum Beispiel über den Tanz der Wildschweine, bei dem sie immerzu im Takte grunzten. Auch die kleinen Vögel waren mit von der Partie und sangen so laut sie konnten, ja sogar die Eule, die sich doch sonst am Tage nie sehen lässt, hatte sich im finstersten Winkel niedergelassen.

Der Förster kam aus dem Wundern über die Art, wie die Tiere Karneval feierten, nicht heraus und konnte sich auch nicht erklären, wie sie zu all den sonderbaren Dingen gekommen sein mochten, die sie hatten. Aber schliesslich dachte er gar nicht mehr und war nur noch genauso fröhlich wie die Tiere.

Als es zu dunkel anfing, machten sich die Tiere nach und nach auf den Heimweg und es muss gesagt werden, dass es bei vielen so aussah, als ob sie einen richtigen Rausch hätten. Auch der Förster hatte das Gefühl, als schaukelten die Bäume und er war auch nicht ganz sicher auf den Beinen. Er vergass sogar, dass er im Auto gekommen war und ging zu Fuss nach Hause. Dort sagte die alte Dame: "Aber, Förster Rothard, Sie haben also doch Karneval gefeiert. Sie wollten doch nicht."

"Ein bisschen"; sagte der Förster, " aber wie, das würde niemand glauben."

Ein Glück, dass es schon ganz dunkel gewesen war, als er durch den Ort gehen musste, er hatte nämlich die unbequemen Frauenkleider, um auf seinen wackligen Beinen besser vorwärts zu kommen, fast bis zum Bauch hochgenommen, worüber sich die Leute wohl sehr gewundert hätten. Aber es war ja schon ganz dunkel gewesen.

                                                                                                                        
                                                                                                                        
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