Poetin    Maria    Schiffner

Zeitkritisches

 

 


 

      Ein  "geistiges"  Fest

   Der Dämmer sank, ich war allein -
   Ein Lyrekband, ein Krug voll Wein
   Des Geistes doppelschit'ge Gaben
   Versprachen mir das Herz zu laben;
   Gewiss ein stilles Fest zu drein.

   Zu drein? Im sanften Kerzenlicht,
   Ein wenig bleich im Angesicht,
   Als ob ich sie beschworen hätte,
   Wahr und wahrhaftig die Annette -
   Ein Glas jedoch, das will sie nicht.

   Und weiter blättert meine Hand
   Worauf ich einen Rilke fand -
   Da kommt er in gemess'nen Schritten
   Durch die geschloss'ne Tür geschritten,
   Vielleicht sogar durch meine Wand ...

   So traten langsam, nach und nach,
   Illustre Gäste ins Gemach;
   Da dacht ich mir, du könntest wagen,
   Jetzt eigne Verse vorzutragen;
   Ich tat's sogleich und sprach und sprach ...

   Erst langsam und beträchtllich bang,
   Doch da ich merkte, es gelang,
   Da wurde ich bedeutend dreister -
   Im Kreise all der grossen Meister
   Kein Laut, nur meine Stimme klang.

   Da strich mir jemand über's Haar,
   Wer? Ich erkannt's nicht eben klar,
   Behutsam wie es schien und leise -
   Und alles drehte sich im Kreise -
   Gut, dass der Ein zu Ende war!
   

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