Poetin    Maria    Schiffner

Zeitkritisches




Die Feuerhexe

Der Dichter Friedrich Schiller sagte im "Lied von der Glocke"

Wohltätig ist des Feuers Macht,
Wenn sie der Mensch gezähmt bewacht,
Doch furchtbar wird die Mimmelsmacht,
Wenn sie der Fesser sich entrafft


Wie richtig das ist, wird in den Wäldern des Hohen Venns manchmal allzu deutlich, bsonders im Frühling. Hier wachsen die Gräser und Farne über den Sommer meterhoch und bilden im Winter dann dicke Schichten, die alles bedecken, so dass im Frühling die jungen Gräser sehr lange brauchen, bevor sie hindurchkommen. Wenn dann die Frühlingsstürme über Land brausen und die warmen Sonnenstrahlen alles austrockenen, kommt die Zeit grosser Sorgen für Förster Rothard und seine Helfer; da sitzt die Feuerhexe auf der Lauer, um den Wald zu vernichten.

Zwar hat sie noch niemand gesehen, sie ist aber überall und wartet, ob leichtsinnige Leute oder Kinder mit Feuer spielen; ein kleines Fünkchen genügt, gleich ist sie da und setzt das vertrocknete Gras, dann die Bäume und schliesslich sogar den Moorboden in Brand und der ist dann kaum wieder zu löschen, weil er unter der Erdoberfläche weiterläuft und plötzlich an weit entfernter Stelle wieder hervorbricht. Und die Feuerhexe versteht ihr Handwerk, je schrecklicher es brennt, desto mehr Spass macht es ihr.

Ein Glück dass Förster Rothard sie so gut kennt; überall waren Wachtürme gebaut worden, auf denen Männer über den ganzen Wald schauen können. Wenn sich irgendwo ein Rauchwölkchen zeigt, wird der Förster angerufen und sogleich braust er mit seinem Löschwagen, in dem sich eine Mannschaft und allerlei Gerät befindet, los. Und wenn er bei der Brandstelle ankommt, hat die Feuerhexe nicht mehr zu lachen, besonders wenn die Feuerwehr dazu kommt. Es gibt aber dann eine grosse Schlacht, und zuletzt wird sie vertrieben. Freilich steht nun ein Stück des schönen Waldes schwarz und verkohlt da, aber sie hätte doch den ganzen Wald verbrennen wollen und das ist ihr nicht gelungen. Sie schleicht sich davon, um an anderer Stelle auf Leute zu lauern, die unvorsichtig mit Feuer umgehen. Darauf muss sie warten, weil sie selber ja kein Feuer anzünden kann. Erst wenn irgendwo ein noch so kleines Fünkchen brennt ist sie zur Stelle und im Nu ist es einen Waldbrand.

Der arme Förster Rothard, der seinen Wald so liebt, sieht sich traurig die Brandstelle an, die verkohl-ten Baumstümpfe, den schwarzen Boden, denkt auch daran, dass in den Bäumen vielleicht Vogel-nester gewesen sind, oder Häschen und andere Tiere dort am Boden gewohnt haben. Es ist eben die schlimmste Zeit im ganzen Jahr, ehe das junge Gras über das alte, verdorrte, hinauswächst, da muss Tag und Nacht Wache gehalten werden, weil immer wieder Leute unvorsichtig sind und die schreckliche Feuerhexe auf der Lauer liegt.

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