Poetin    Maria    Schiffner

Zeitkritisches




 
Die Eule


Um
fünf Uhr am Nachmittag hätte der Forstmeister am Steinbach auf den Förster Rothard warten wollen, war aber noch nicht da.

Da setzte der sich auf einen Baumstamm, nahe beim Wasser, weil er sich ein bisschen ausruhen wollte. Und wie er so ins Gebüsch schaute, bemerkte er eine Eule, die so aussah, als ob sie lauschte. Jedenfalls schien sie ihn nicht zu sehen.
Plötzlich hörte er aus der Ferne eine Vogelstimme: "Sag mal, weisst du eigentlich, was das ist, reich?"

"Nein, das weiss ich nicht, was soll das denn sein?"

"Das möchte ich eben gerne wissen, weil die Leute immer davon reden. Du weisst doch immer alles."

"Ich weiss auch nur, dass viele Leute sagen: "Reich müsste man halt sein, es muss also etwas Schönes sein, freilich nur für die Leute, unsereins braucht das nicht, deshalb wissen wir auch nicht davon."

Da kam gerade der Forstmeister um die Wegbiegung.

Der Förster ging ihm entgegen und weil er einen neuen Rock hatte, rief der Forstmeister schon von weitem: "Na, Sie sind wohl über Nacht reich geowrden, Rothard, so ein feiner, neuer Rock!"

"Freilich", sagte der und dachte an die Eule, die jetzt wohl zu wissen glaubte, was das ist, reich.

Nämlich, wenn jemand einen neuen Rock hat und den brauchen die Tiere ja wirklich nicht.
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