Poetin    Maria    Schiffner

Zeitkritisches

 


 

      Erkenntnis

   Dies ist mein Los und meines Daseins Sinn:
   Aus vollem Brunnen schöpfend zu verschwenden;
   Ich kann nicht halten was ich hab und bin,
   Verschenken muss ichs mit bereiten Händen.
   Verwegnes Wünschen liegt schon weit zurück,
   Vergessen, weil es unerfüllt zerronnen.
   Indem’s zerstiebte, langsam Stück um Stück,
   Ward meinem Leben Sinn und Ziel gewonnen.

   Nichts zu erwarten, sorgend zu erstreben,
   Nicht Gut noch Ehre, weder Prunk noch Ruhm:
   Erreicht ichs, müsst ichs lächelnd weitergeben,
   Nichts mag ich halten als mein Menschentum.
   Nur dieses will ich schirmen und bewahren,
   Zu Trotz der argen, bitterbösen Zeit.
   Und sollt ich, drob verlacht, zur Grube fahren,
   Wär mir wahrhaftig dennoch nimmer leid.

   Jetzt aber trag ich noch mein kleines Licht,
   Zuweilen weckt das Beispiel gleiches Streben,
   Veredelnd manches junge Angesicht,
   Erfüllung leuchtend meinem eignen Leben.
   So formt sich hie und da ein klares Bild,
   Fern allem Machwerk eigner, eitler Stunden,
   Das Leid heilen kann und Schmerzen stillt
   Und Balsam flösst in unverheilte Wunden.

   Denn, was uns auferlegt ist, muss geschehn;
   Sein Mass ist jedem zwingend zugemessen,
   Mags auch gehemmt, vielleicht am Stocke gehn,
   Und muss man noch so bittre Pillen essen.
   Des Schicksals Spruch ist über uns gefällt,
   Die wir auf mangelreichen Stern geboren;
   Not tut am meisten Güte dieser Welt,
   Ihr hab ich meine Dienste zugeschworen. 

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