Unser alter Apfelbaum


Gleich einem Herrscher über weiten Raum
Stand hinterm Haus daheim ein Apfelbaum;
Der trug in jedem Lenz auf seinen Zweigen
Den gleichen rosigroten Blütenreigen;
Ao alt er war, er blühte wie ein Traum.

Wenn die Septembersonne milder schien,
Fing unser Baum von neuem an zu blühn;
Nur üppiger, dass sich die Äste bogen,
Als sei er ganz mit Rosen überzogen
Weit leuchtend übers Dorf in herrlichem Karmin.

Dann zogen wir mit langen Leitern aus
Und trugen grosse Körbe hinters Haus,
Denn endlich war es Zeit zum Äpfelpflücken;
Nichts konnte uns wie dieser Tag beglücken;
Wir waren wie die Kinder zu Sankt Nikolaus.

Sooft man jetzt im Herbst vorübergeht
An fremden Grund, mit Bäumen übersät,
Die rote, gelbe, grüne Äpfel tragen
Quält uns das eine, immergleiche Fragen:
Ob wohl der alte Baum noch hinterm Hause steht?