Die Ahne
Das Bildnis einer Frau im weissen Haar
Ist mir absonderlich ins Herz gefallen,
Weil unter den verblichnen Ahnen allen
Sie einzig meine Ahnfrau war.
Auch meiner Mutter Antlitz gleicht dem Bild,
In meiner jüngsten Tochter kehrt es wieder,
Ihr starkes Blut zwang alles andre nieder
Indem es uns mit seinem Wesen füllt.
Sie war ein Schelm, jedoch kein arger Wicht
Und hat unendlich Leid durch ihre Zeit getragen,
Doch auch in bangen, kummervollen Tagen
Verlor sie ihren hellen Frohsinn nicht.
Dem Vogel gleich, der Erdenschwere fern,
So sprach und sang ihr Mund zahllose Lieder.
Sie leben noch und kehren immer wieder,
Die Mutter, ich und meine Jüngste singen gern.
Ihr grösstes Wünschen blieb ihr unerfüllt,
Ein Enkelkindchen in den Schlaf zu wiegen -
Seit Monden musste sie im Grabe liegen,
Als sich vor mir der Erde Los enthüllt.